Hornissen – viel besser als ihr Ruf

Allgemein

Es gibt immer wieder Tiere, die aufgrund von Vorurteilen oder mangelnder Kenntnis bestenfalls einfach nicht gemocht werden, aber schlimmer, immer wieder getötet oder verfolgt werden. Leider gilt das oft auch für Hornissen…

Die Europäische Hornisse (Vespa crabro) ist die bei uns in Deutschland größte vorkommende Wespenart. Taxonomisch werden sie in die Familie der Faltenwespen eingeordnet. Das rührt daher, dass sie ihre Flügel in Ruhestellung in einer bestimmten Art zusammenfalten kann.

Hornissen gehören zu den sozial lebenden Wespen, d. h. sie leben in einem Volk (Hornissenstaat) im Gegensatz zu den solitär lebenden Wespen.

Im Staat selber unterscheidet man die Königin (und Nestgründerin), im Mittel 3 –  3.5 cm groß, die Arbeiterinnen (bis zu 2.5 cm groß) und die männlichen Tiere, die Drohnen, bis zu 2.8 cm groß.

Lebensweise

Ein Hornissenstaat beginnt ganz klein. Die im Vorjahr begattete Hornissenkönigin überwintert in einem geschützten Bereich (z. B. Baum- oder Mauerspalte, seltener im Boden) und macht sich gegen Ende April, Anfang Mai auf die Suche nach einem geeigneten Neststandort. Ursprünglich waren es größere Baumhöhlen, die genutzt wurden. In unseren vielfach „aufgeräumten“ Wäldern sind diese allerdings Mangelware und deshalb tauchen Hornissen immer öfter in Wohngebieten auf und nehmen dann Schuppen, Dachböden, Rollladenkästen, Vogelnistkästen usw. in Besitz.

Die Hornissenkönigin baut die erste Wabe. Sie raspelt dafür mit ihren Mundwerkzeugen kleine Holzspänchen ab und zerkaut diese zu einem Brei. Am liebsten nimmt sie weiches Totholz, welches sich durch Braun- und / oder Weißfäule besser bearbeitet lässt. Sie beginnt in ihrer Höhle mit einem Stielchen an der Decke, an das sie die erste Wabe formt und legt in der Regel gleich ein Ei hinein. So baut sie nun Wabe für Wabe, täglich schafft sich ca. 1,5 Waben.

Sich selber ernährt sie mit Baumsäften und anderen zuckerhaltigen Flüssigkeiten.

Die ersten 30 – 50 Tage, die es braucht, bis die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, muss die Königin vom Nestbau, über das Eier legen und der Larvenversorgung alle Arbeiten alleine machen.

Aus dem Ei schlüpft nach gut zwei Wochen eine Larve, die fünf Larvenstadien durchläuft, bis sie dann als „fertige“ Hornisse (dem sog. Imago) aus ihrer Wabe schlüpft und sich nun an den Arbeiten beteiligen kann.

Wenn genügend Arbeiterinnen geschlüpft sind, wird die Königin nur noch Eier legen und sich weder am Nestbau noch an der Versorgung der Larven beteiligen. Ihr Futter erhält sie von ihren Arbeiterinnen durch sog. Trophallaxis. D. h. dass die Nahrung von der Arbeiterin hochgewürgt und von der Königin angenommen wird. Auf dem gleichen Wege werden auch die Arbeiterinnen versorgt, die für die Brutpflege zuständig sind.

Viele Waben zusammen bilden einen sog. Wabenteller, der immer horizontal im Nest hängt und durch die „Stielchen“ miteinander verbunden sind. Je nach Neststärke können im Schnitt um die sieben Wabenteller gebaut werden, in Ausnahmefällen wurden allerdings auch schon 15+ gezählt.

Um die Wabenteller herum bauen die Arbeiterinnen eine schützende Außenhülle. Auch diese wird, wie die Waben, aus zerkautem Totholz gebaut. Dadurch, dass die Arbeiterinnen an unterschiedlichsten Stellen ihr Material holen und dieses farblich (je nach Fäuleart)  variiert, kommt es zu den interessanten Linien und Mustern der Hülle.

Die Hülle selber wird innen und außen allerdings noch verfeinert. Es werden luftgefüllte Taschen angebaut und im Inneren  können auch Wände eingezogen sein. Dies alles dient dazu, dass ein gleichmäßiges Klima im Nestinneren herrscht, damit sich die Eier und Larven optimal entwickeln. Reichen die architektonischen Finessen nicht aus und es wird zu heiß, sieht man einzelne Arbeiterinnen an den Nesteingängen, die durch starkes Flügelzittern Luft hineinfächern und auch Wasser kann ins Nest eingebracht werden.

Das Leben einer Hornissenkönigin beträgt etwa ein Jahr, das ihrer Arbeiterinnen ist erheblich kürzer. Zwischen zwei bis sechs Wochen beträgt dieser Zeitraum.

Ein Teil der Arbeiterinnen versorgt die Königin, andere bauen das Nest und wieder andere versorgen die Larven mit Futter. Während sich die erwachsenen Tiere rein pflanzlich ernähren (Baumsäfte usw.), brauchen die Larven proteinreiche Nahrung.

Hierzu werden u. a. Insekten (90 % verschiedene Fliegenarten) und Spinnentiere gejagt. Hat die Hornisse ihre Beute gefangen, wird sie getötet und an einer ruhigen Stelle werden fein säuberlich Kopf, Arme, Beine und Flügelchen abgebissen. Nur der muskuläre Brustbereich (Thorax) wird verfüttert. Allerdings wird er vor der Weitergabe an die Larven noch entsprechend „zurechtgekaut“. Auch die Königin wird mit dieser eiweißreichen Kost versorgt, da dies für ihre Eiproduktion notwendig ist.

Käme es zu einer längeren Schlechtwetterperiode und die Arbeiterinnen können nicht ausfliegen oder zu wenig Insekten erbeuten, werden kurzerhand einige Larven dem Gemeinwohl geopfert und verfüttert.

Geschlechtstiere

Etwa ab August, Mitte August, schlüpfen die sogenannten Geschlechtstiere. Geschlechtstiere sind die männlichen Drohnen und die Jungköniginnen. Dieser Zeitpunkt läutet auch die sog. Absterbephase des Hornissenvolkes ein. Die alte und inzwischen ausgelaugte Königin wird immer weniger versorgt, stirbt, wird aus dem Nest gejagt oder getötet. Die Arbeiterinnen kümmern sich nur noch um die Geschlechtstiere. Wenn die Präsenz der Altkönigin fehlt, sprich die Arbeiterinnen werden durch deren Duftstoffe (Pheromone) nicht mehr im Zaum gehalten, ist der ganze Tagesablauf nicht mehr so kontrolliert wie vorher, es kann zu Unstimmigkeiten kommen, Arbeiterinnen legen u. U. selber Eier.

Larven, die sich nicht mehr fertig entwickeln können, werden entweder aus dem Nest gezerrt oder gleich im Nest zerkleinert und verfüttert.

Währenddessen kommt es zur Paarung zwischen den Jungköniginnen und den Drohnen. Die Drohnen verleben dann noch ihren wenige Wochen langen Rest des Lebens im und um das Nest herum, während sich die Jungköniginnen genügend Reserven anfuttern und sich ein geeignetes Versteck zur Überwinterung suchen.

Im nächsten Frühling beginnt der Lebenskreislauf der Hornissen erneut.

Allerdings wird nie ein Nest des Vorjahres genutzt. Es wird immer ein neues Nest gebaut.

Hornissen sind durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt.

BundesnaturschutzgesetzBNatSchG § 44

https://www.bmuv.de/themen/artenschutz/nationaler-artenschutz/instrumente/besonderer-und-strenger-artenschutz/zugriffs-stoerungs-lebensstaettenschutz-und-handelsbeschraenkungen

Hornissen bestäuben Pflanzen und ein großes Volk kann pro Tag ca. ½ kg Insekten verfüttern. Um auf diese Menge zu kommen, braucht es ca. 5 Meisenfamilien…

Vorurteile und Ängste

Ein paar Stiche töten einen Menschen, ein paar mehr ein Pferd…

Diese Aussage gehört ins Reich der Mythen und Legenden!

Ein Mensch kann durch einen Hornissenstich nur dann ernsthaft in Gefahr kommen, wenn er allergisch gegen dieses Gift ist (auch bekannt von anderen Wespen und Bienen). Ansonsten ist ein Stich nur mehr oder weniger schmerzhaft.

Hornissen sind aggressiv.

Überhaupt nicht! Man muss sich allerdings an gewisse Regeln halten. Das ist aber auch nicht anders, als im menschlichen Zusammensein.

Man sollte einen Abstand von 3 – 4 m vom Nest einhalten, damit sie sich nicht gestört fühlen. Auch (laute) Menschenansammlungen können irritierend wirken.

Erschütterungen (z. B. Rasenmähen, Herumspringen usw.) sind zu unterlassen. Ebenso wie das schlagen nach ihnen.

Man sollte nicht in ihrem Flugweg vom und zurück zum Nest stehen.

Hornissen sind absolut nicht an den Menschen interessiert. Darin unterscheiden sie sich von ihren viel kleineren Verwandten, der Deutschen Wespe (Vespula germanica) und vor allem der Gemeinen Wespe (Vespula vulgaris). Das sind die kleinen „Lästlinge“, die gerne unseren Kuchen und Schinken umkreisen, in ein süßes Getränk fliegen oder eine Grillparty etwas aufmischen können und manchmal auch einfach so zustechen. Diese suchen gezielt die Nähe des Menschen bzw. dessen Essen.

Hornissen würden nie an das Kuchenbuffet kommen.

[Deutsche Wespe (Vespula vulgaris) an einer Melone.]

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina)

Vespa velutina nigrithorax ist eine invasive Art aus Asien, die inzwischen in einigen Ländern Europas (auch Deutschland im Jahr 2014) nachgewiesen worden ist.

2004 wurde sie unbemerkt über den Handelsweg nach Europa gebracht.

Da sie hier keine Fressfeinde hat, kann sie sich ungehindert ausbreiten und z. B. Schäden bei Imkern oder an Obstplantagen anrichten. Auch für unsere Europäische Hornisse kann sie zur Gefahr werden.

Ausführliche Informationen über Aussehen und Verhalten können Sie z. B.

hier

https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/bienenkunde/informationsmaterial/gekommen-um-zu-bleiben-wie-soll-es-mit-der-asiatischen-hornisse-weitergehen-234376.html

und hier

https://www.velutina.de/

nachlesen.

zum guten Schluss…

Ich habe in diesem Sommer über viele Wochen und unzähligen Nestbesuchen ein Hornissennest auf einem der Friedhöfe in Leverkusen beobachten dürfen.

Ich habe diese interessanten Tiere nie aggressiv erlebt, neugierig beobachtend ja, aber unter Einhaltung des richtigen Abstandes war ich ihnen völlig egal.

Dafür konnte ich viel über ihr (Zusammen-)leben lernen. Zudem kam ich mit vielen Friedhofsbesuchern und Spaziergängern ins Gespräch, konnte Ängste ausräumen und Wissenslücken füllen.

Wenn die Hornisse sicher nicht zu Jedermanns Lieblingstier wurde, ihr Nestbau, die Architektur, Farben und Formen dieses Gesamtkunstwerks hat alle beeindruckt.

Ich würde mich freuen, wenn dieser Beitrag Ihnen diese fleißigen Tiere ein wenig näher bringen könnte.

In diesen Wochen habe ich immer wieder einmal ihr Leben und Sein gefilmt und es sind letztendlich vier kleine Videos entstanden, die Sie sich bei Interesse hier anschauen können:

 

Hornissen bauen ein Nest – Teil 1 

Hornissen bauen ein Nest – Teil 2 

Hornissen bauen ein Nest – Teil 3

Hornissen bauen ein Nest – Teil 4 

pdf zur Entwicklung des Nests

Alarmierender Rückgang

Wie in so vielen anderen Bereichen der Natur ist auch bei den Hautflüglern in den letzten zwanzig Jahren ein beängstigender Rückgang der Vielfalt zu beobachten. Eine der wichtigsten Ursachen ist ohne Zweifel die chemische Belastung der Umwelt. Wie viele Hobbygärtner glauben immer noch, auf Insektizide nicht verzichten zu können, und der Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft ist nach wie vor immens.

Aber auch Wohnungsmangel setzt den Hautflüglern zu. Immer mehr alte Zäune und Scheunen mit ihrem mürben Holz verschwinden, Gartenwege werden plattiert oder betoniert, Böschungen und aufgelassene Sandgruben durch „Pflegemaßnahmen“ in einen Zustand versetzt, der sie als Brutplatz ungeeignet macht.

Schutzmöglichkeiten

Mit ganz einfachen Mitteln kann ein Garten zum Refugium für Insekten aller Art werden:

  • Lassen Sie an einigen Stellen Laub und Zweige, Steine und totes Holz als Unterschlupf für Laufkäfer und Kurzflügler liegen.
  • Schneiden Sie Stauden nicht im Herbst, sondern erst im nächsten Frühjahr herunter. So können viele Käfer- und Hautflüglerarten in Ruhe darin überwintern.
  • Schaffen Sie Nistmöglichkeiten für „solitär“, das heißt allein lebende Bienen- und Wespenarten, indem Sie Nisthölzer oder Bündel hohler Stängel aufhängen – Material dazu liefern Brombeeren und Holunder, Buddleia und Königskerze, aber auch Stroh- oder Schilfhalme. Ohrwürmer freuen sich, wenn Sie mit Holzwolle gefüllte Blumentöpfe in den Bäumen aufhängen. Bauanleitungen und fertige Nisthilfen finden Sie in unserem InfoTreff für Natur und Umwelt!
  • Sorgen Sie das ganze Jahr über für ein  reiches Blütenangebot und bevorzugen Sie dabei die ungefüllten Sorten. Geben Sie auch hier und da „Unkräutern“ eine Chance – Nektar und Pollen sammelnde Insekten wie Schmetterlinge, Hautflügler und Fliegen werden es Ihnen danken!

Und eine letzte Bemerkung: Da Sie auf diese Weise auch die Räuber und Parasiten unter den Insekten fördern – Marienkäfer und Florfliegen, Schwebfliegen und Schlupfwespen – können Sie getrost auf den Einsatz von Giften verzichten, die nicht nur die „Schädlinge“ vernichten, sondern auch so manche Vogelbrut und auf Umwegen doch nur wieder in unserem eigenen Körper landen.