Der zierliche Falke ist der einzige unter den Taggreifen, der seit der Urbanisierung zunehmend diesen neuen Lebensraum erobert hat. Dabei beschränkt er sich längst nicht mehr auf Türme, die ihm den Namen gegeben haben, sondern brütet auch an Betonwänden, Schornsteinen, Fördertürmen stillgelegter Zechen oder – wie in Leverkusen – an und in Bauten auf dem Gelände des Bayerwerks. Dr. Hans-Martin Kochanek und Hermann Brombach, Ornithologen und aktive Naturschützer in Leverkusen, haben das in einer Doktorarbeit bzw. einer Bestandsaufnahme der Vögel in Leverkusen eindrucksvoll nachgewiesen.
Der Turmfalke
Als ursprünglicher Felsenbewohner baut der Falke kein eigenes Nest, er legt seine Eier auf geeignete Unterlagen in Nischen und Spalten oder übernimmt verlassene Krähen- und Elsternnester. Da er gerne den Überblick behält, brütet er häufig auf Kirchtürmen, hohen Häusern oder auch in Fabrikanlagen. Viele dieser Gebäude haben inzwischen keine offenen Nischen mehr, so dass es den Turmfalken bei uns an geeigneten Brutplätzen mangelt. Der NABU Leverkusen hat daher zusammen mit der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln an vielen Gebäuden in Leverkusen Nistkästen für die Turmfalken angebracht, die diese gerne zur Brut nutzen.
Bevor es aber zur Ablage der 3-7 rotbraun gefleckten Eier kommt (die Zahl hängt vom Nahrungsangebot ab), bietet sich dem aufmerksamen Beobachter Mitte März ein Schauspiel der besonderen Art: Hat ein lediges Männchen einen Nistplatz gefunden, steigt es wie ein Pfeil hoch in den Himmel, stößt seine hellen Rufe aus (der wissenschaftliche Name tinnunculus bedeutet „schellend, klingend“), lässt sich wieder fallen, kreist elegant und wiederholt das Ganze so lange, bis ein Weibchen aufmerksam geworden ist und sich nicht weniger akrobatisch an den Flugspielen beteiligt.
Etwa 30 Tage brütet das Weibchen allein, nach dem Schlüpfen werden die Jungen etwa 4 Wochen von beiden Partnern gefüttert und noch 4 weitere Wochen begleitet und mit Nahrung versorgt.
Da ein Jungfalke täglich bis zu 6 Mäuse verzehrt, kann man sich den Stress der Eltern gut vorstellen. Ihre Jagdweise, die zu ihrem volkstümlichen Namen „Rüttelfalke“ geführt hat, lässt sich in der näheren Umgebung Leverkusens beobachten, wie zum Beispiel auf den Feldern rund um Claashäuschen. Der etwa 35 cm große Vogel „hängt“ in der Luft und sucht von dort aus mit seinen dunklen Augen den Boden nach Beute ab, wobei er sich gegen den Wind stellt, um in der Luft zu bleiben. Der hellblaugrau gefärbte Schwanz mit schwarzer Endbinde (beim Weibchen ist er rostbraun und quergebändert) wird ebenso breit ausgefächert wie die unterseits gelblichen Handschwingen; so kann der Vogel seine Fluggeschwindigkeit der des Windes durch fein bemessene Ausgleichsbewegungen (das „Rütteln“) genau anpassen und scheint dann tatsächlich in der Luft zu stehen – nur ein Kolibri macht das noch perfekter. Im schnellen Stoßflug greift er die erspähte Beute zielsicher mit seinen scharfen Krallen.
Die Anpassung an den Lebensraum Stadt, in dem es nur noch selten freie Flächen gibt, ermöglicht dem nur etwa 260 gr schweren Vogel auch von einem Ansitz aus – etwa einer Straßenlaterne – seinen Überraschungsangriff zu starten.
Feld- und Wühlmäuse sind die bevorzugte Nahrung des geschickten Jägers, müssen aber in der Stadt ab und an durch Kleinvögel, Insekten oder gar Regenwürmer ersetzt werden.
Turmfalken sind mit etwa 90.000 Brutpaaren im gesamten Mitteleuropa vertreten, in Deutschland leben knapp 50.000 Paare, davon 5.000 – 6.000 in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn er – anders als seine nahen Verwandten, Wander- und Gerfalken – nicht als Jagdfalke interessant ist, ist sein Bestand rückläufig. Damit dieser den meisten Menschen vertraute kleine Greifvogel nicht in der schon viel zu langen Liste der bedrohten Vogelarten auftaucht, muss die schon so oft geforderte Weiterentwicklung der industrialisierten Landwirtschaft, welche zur Zeit noch immer die Artenvielfalt reduziert, erfolgen. Aber auch Städteplaner, Hausbesitzer und Kommunen müssen dazu beitragen, Nistmöglichkeiten zu erhalten oder neu einzurichten, indem sie nicht alle Flächen mit Straßen und Gebäuden überziehen und Nischen und Hohlräume an Gebäuden aus übertriebener Hygiene verschließen. Bauern, die ihre Flächen so bewirtschaften, dass sich auch Mäuse dort wohlfühlen, brauchen keine Angst vor einer Plage zu haben, denn den scharfen Augen der fliegenden „Mäusepolizei“ entgeht nichts!
Nistkastenbau für Turmfalken
Da an den meisten Gebäuden mittlerweile die Brutnischen fehlen, ist das Bauen und Anbringen von Nistkästen zum Schutz der Tiere notwendig. Der NABU Leverkusen unterstützt sie gerne dabei! Die Grundfläche für einen Turmfalken-Nistkasten beträgt circa 40×60 cm und die Höhe 30 cm. Als Einflug reicht den schnellen Luftjäger ein Loch in der Größe einer Postkarte. Hilfreich ist es, eine Sitzwarte davor anzubringen. Dort kann man dann die Jungvögel bei ihren ersten Flugversuchen beobachten. Der Kasten sollte möglichst hoch, außen oder innen an der Süd- oder Ostseite von Gebäuden wie Kirchtürmen, Scheunen angebracht werden.
Bei weiteren Fragen melden Sie sich gerne bei uns! Zusätzlich finden sie unter folgendem Link finden sie eine Bauanleitung.
Foto: Wilhelm Eder bei der Montage eines Kastens in einem Kirchturm