Bäume sind Lebensspender  

Jeder, der im Sommer durch die Straßen einer Stadt läuft, sehnt sich nach dem Schatten und dem herrlichen Grün eines Baumes. So erfreuen Bäume unsere Seele und sind  gleichzeitig eines der wichtigsten Elemente in unserer Natur. Sie spenden Sauerstoff, binden Kohlendioxid, kühlen, bieten Nahrung für viele Tiere und sind immer wieder ein willkommener Brutplatz für unsere Vögel – einfach Multitalente!

Bäume in Leverkusen – ein bedrückendes Thema

Ahnten unsere Stadtväter wirklich nicht, was auf den Baumbestand der Stadt zukommen würde, als sie so bereitwillig dem Kienbaum-Sparvorschlag zustimmten, die Baumschutzsatzung zum 1. Januar 2006 ersatzlos zu streichen?

Hofften sie wirklich auf die Einsicht der Bürger in die Notwendigkeit des Schutzes unserer natürlichen Umwelt?

Die zahlreichen Fällungen gerade alter Bäume überall im Stadtgebiet sprechen da eher eine andere Sprache. Natürlich gibt es vielerlei Gründe, einen Baum zu fällen – dazu bot auch die Baumschutzsatzung einen breiten Spielraum. Einer der entscheidenden Punkte ist aber, dass der Baumbesitzer – können wir einen Baum überhaupt „besitzen“?  – zu keinem wie immer gearteten Ausgleich für den Verlust mehr verpflichtet ist.

Wir brauchen wieder eine Baumschutzsatzung!

2017 – und leider auch 2024 immer noch aktuell: Wann immer man in diesen Wochen die Zeitung aufschlägt – man kann sicher sein, dass schon wieder ein Bericht über die Fällung von Bäumen die erste Lokalseite füllt. Ob Straßen NRW oder Stadtgrün zur Säge greifen, ist im Ergebnis unerheblich – die Menge des vernichteten Grüns ist spektakulär groß und lässt uns nicht nur die nächste Hitzewelle im Sommer fürchten.

Ein Instrument der Sicherung der kommunalen und privaten Baumbestände, wenn auch kein Allheilmittel, ist allgemein anerkannt zweifellos die Baumschutzsatzung.
Seit wir 2001 den Kampf gegen die Verwässerung der in den neunziger Jahren so mühsam erwirkten Satzung verloren – mit der Zustimmung des Beirats übrigens, der jetzt „Naturschutzbeirat“ heißt … –  und unsere Stadtväter dann 2005 so bereitwillig dem Kienbaum-Sparvorschlag zustimmten, die Baumschutzsatzung ersatzlos zu streichen, sind unzählige Bäume der Säge zum Opfer gefallen, auf Privatgrundstücken ebenso wie auf städtischem Gelände, wo man in vorauseilender Sorge um die Standfestigkeit eines Baumriesen dessen mögliche Lebensdauer drastisch verkürzt.

In dem Wissen, dass eine Baumschutzsatzung nicht eine Vorschrift unter anderen, sondern gerade für einen von der Industrie geprägten Standort wie Leverkusen eine absolute Notwendigkeit ist, geben wir die Hoffnung nicht auf, für ihre Wiedereinführung eine Mehrheit der Ratsfraktionen zu gewinnen, damit dieses wesentliche Instrument einer nachhaltigen Stadtgestaltung auch in unserer Gemeinde wie in zahlreichen anderen Gemeinden in NRW wieder fest verankert wird.

Die Wohltaten des Grüns in der Stadt pfeifen zwar die Spatzen – wo es noch welche gibt – von den Dächern, aber wir wollen doch noch einmal darauf hinweisen, welche Wohlfahrtswirkung vor allem von großen Bäumen ausgeht:

  • Unsere dicht bebauten Städte stellen Klimabelastungsräume erster Ordnung dar. Hier mindern Bäume die Aufheizung von Asphalt und Mauerwerk, erzeugen durch die Verdunstung von Wasser über ihr Laub Luftfeuchtigkeit und tragen so zur Kühlung von Luft bei.
  • Die Staubanteile der Luft – die Feinstaubbelastung ist, wie wir wissen, dramatisch gestiegen! – werden durch Filterung vermindert, Schadgase werden gebunden, Lärm wird gedämpft.
  • Bäume sind Nist-, Rast- und Futterplätze für viele Tierarten und ermöglichen so auch in bebauten Bereichen Begegnungen mit der Natur.
  • Bäume fördern durch ihre Schönheit unser Wohlbefinden. Sie stellen eine unschätzbare ästhetische Bereicherung für das Stadtbild dar und erhalten nebenbei dem Stadtmenschen das Gespür für den Wechsel der Jahreszeiten, das immer notwendiger wird in unserer technikbestimmten Zeit.

Auch wenn Eugen Roth überall und immer wieder zitiert wird, verliert sein Vierzeiler leider nicht an Aussagekraft:

„Zu fällen einen schönen Baum
braucht’s eine halbe Stunde kaum.
Zu wachsen, bis man ihn bewundert,
braucht er, bedenk’ es, ein Jahrhundert.“

Ein Baum ist mehr als ein Baum!

Eines der brilliantesten Bücher über die vielfältige Vernetzung und Wirkung im Ökosystem der Bäume ist Frederic Vester’s Fensterbuch „Ein Baum ist mehr als ein Baum“. Publiziert wurde es in den 80er Jahren und ist immer noch hochaktuell. Auf der Grundlage  zahlreicher Berechnungen zur Gesamtbilanz eines einzigen ‚erwachsenen’ Baums von 100 Jahren kommt er zu dem Ergebnis, dass ein solcher Baum im Laufe seines Lebens  einen volkswirtschaftlichen Wert von (umgerechnet) rund 265 000 Euro repräsentiert!

Lesen Sie sein Schlusswort zu dieser faszinierenden Darstellung:
„…ein Baum ist weit mehr als ein Baum! Seine Leistungsbilanz zeigt, dass im Zusammenspiel der Natur und der Ökosysteme unseres Lebensraumes alle Glieder neben ihrem Eigenwert auch ihren Wert im Gesamtgefüge haben. Erst wenn wir ihre Rolle im System erkennen, wird dieser Wert offenbar. Und lösen wir ein solches Glied aus dem Gefüge, so zerreißen hunderttausende unsichtbarer Fäden – weil mit ihm auch seine Rolle im System erlischt und mit dieser Rolle auch alle seine Leistungen, von denen wir ohne es zu wissen profitieren. Schaden wir den Bäumen, so schaden wir letzten Endes vor allem uns selbst.“

Und noch ein hochinteressanter Aspekt des Wertes der Bäume

Die Geo-Biologin Hope Jahren  macht in ihrem Buch „Blattgeflüster – die wunderbare Welt der Pflanzen“ (New York 2016) auf einen Aspekt aufmerksam, der fast schon genügen würde, uns die Bedeutung von Bäumen für den Menschen bewusst zu machen:
„Schließen Sie die Augen und denken Sie an die Sternenform eines Ahornblattes, ein herzförmiges Efeublatt, einen dreieckigen Farnwedel, die fingerartigen Blätter einer Palme. Bedenken Sie, dass an einer einzelnen Eiche mindestens hunderttausend gelappte Blätter wachsen können, und dass niemals zwei von ihnen genau gleich sind. Jedes Eichenblatt auf Erden ist eine einzigartige Ausschmückung eines einzigen Bauplans.

Die Blätter dieser Welt umfassen unzählige Milliarden von Ausführungen einer einzigen Maschine, die für eine einzige Aufgabe entworfen wurde – eine Aufgabe, von der die Menschheit abhängt: Blätter stellen Zucker her. Blätter sind die einzigen Dinge in diesem Universum, die aus lebloser, anorganischer Materie Zucker herstellen können. Sämtlicher Zucker, den Sie jemals gegessen haben, wurde zunächst in einem Blatt hergestellt. Wird Ihr Hirn nicht konstant mit Glukose versorgt, sterben Sie. Fertig. Im äußersten Notfall kann Ihre Leber Glukose aus einem Protein oder Fett herstellen – aber dieses Protein oder Fett wurde ursprünglich in einem anderen Tier aus pflanzlichem Zucker hergestellt. Es ist unausweichlich: Gerade in diesem Moment sind es Blätter, die in Ihrem Gehirn die Gedanken an Blätter erst ermöglichen.“

Uralte Blutbuche im Schlosspark Morsbroich

Totgesagte leben länger – hoffentlich!

Die mächtige Blutbuche im Schloßpark Morsbroich ist vor ca. 200 Jahren gepflanzt worden – wahrscheinlich schon bei der Anlage des Schlossparks. Sie ist mutmaßlich Leverkusen’s ältester Baum, hat eine Umfang von ca. 5,7m und ist ein Naturdenkmal. Ihr geht es für ihr Alter noch relativ gut.

Doch bereits im Jahr 2010 war die Fällung angedacht, da Bruchgefahr bestand. Die Fällung konnte Gott sei Dank noch verhindert werden. Stattdessen wurde eine weitläufige Einzäunung realisiert. Und auch 2019 bescheinigt der Baumgutachter der Morsbroicher Blutbuche einen guten Zustand.

Wir hoffen, das dieser fantastische Baum noch lange stehen bleiben kann!