Auch in Leverkusen kann man in den ersten warmen Frühlingstagen im April den hübschen Aurorafalter fliegen sehen, den die Naturschutzstiftung des BUND NRW zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. zum „Schmetterling des Jahres 2004“ ausgewählt hat. Man erkennt ihn leicht an den orangeroten Spitzen der weißen Oberflügel. Und mit ein wenig Fantasie hat man das Bild vor Augen, das sich die antiken Menschen von Aurora, ihrer Göttin der Morgenröte, gemacht haben könnten.

Aurorafalter

Nur die Männchen des etwa 20 mm großen Falters haben diese bunten Flecken, bei beiden Geschlechtern ist jedoch die Unterseite der Hinterflügel grünlich und gelb marmoriert. Diese unauffällige Farbgebung dient als hervorragende Tarnung, wenn sie mit zusammengeklappten Flügeln an einer Pflanze sitzen.

Nach der Paarung, die am Boden stattfindet, legt das Weibchen ein längliches, vasenförmiges Ei in eine Blüte des Wiesenschaumkrauts oder der Knoblauchrauke (in Hausgärten auch an Silberblatt und Nachtviole), bevorzugt werden dabei feuchte und halbschattige Standorte. Dann beginnt – wie bei allen Schmetterlingen – eines der großen Wunder der Natur: Bis zum Spätsommer entwickelt sich eine blass blaugrüne Raupe mit einem weißen Band auf beiden Körperseiten, die sich ausschließlich von ihrer Futterpflanze ernährt. Ist sie ausgewachsen, verlässt sie diese Pflanze und verwandelt sich in eine braune, holzartige Gürtelpuppe, die dann nahezu bewegungslos in der Vegetation unterhalb der Nahrungspflanze überwintert.

Im Frühling befreit sich der fertige Schmetterling aus seiner Hülle und saugt nun mit seinem langen, spiralig eingerollten Rüssel Nektar aus verschiedenen Blüten. Erdgeschichtlich treten die Schmetterlinge erst spät auf, nämlich zu Beginn des Tertiärs, als die Blütenpflanzen üppig zu gedeihen begannen. Über die Jahrhunderte haben sie dann die Menschen mit ihren fantasievollen Farben, der geheimnisvollen Umwandlung innerhalb einer Generation und ihrem zarten Erscheinungsbild fasziniert. So galten sie im Altertum als Symbol für Anmut und Liebe, im „finsteren“ Mittelalter allerdings auch als Hexen, die Milch und Butter verdarben (daher wohl der deutsche Name – „schmetta“ bedeutet soviel wie Buttersahne – und der englische Begriff „butterfly“).

Später erscheint der Schmetterling als Symbol für Sterben und Wiedergeburt auf vielen Grabsteinen, und im Konzentrationslager Auschwitz haben Kinder ihn besonders häufig gemalt, um ihrem Wunsch nach Freiheit Ausdruck zu geben.

Noch ist der Bestand des Vertreters dieser wunderbaren Insekten nicht gefährdet, obwohl an vielen Standorten des in ganz Europa verbreiteten Falters ein Rückgang zu beobachten ist. Die Umwandlung von Wiesen in Ackerland und die Intensivierung der Landwirtschaft haben wertvolle Biotope zerstört, und das Abmähen der Wiesen im Herbst ist für die dort überwinternden Puppen tödlich.

Damit der Aurorafalter und andere Schmetterlinge überleben können, sollten wir uns in unseren Gärten nicht über „lästige“ Wildkräuter ärgern, sondern sie stehen lassen oder gar anpflanzen. Das Verschwinden einer einzigen Pflanzenart bedeutet oft auch das Aus für eine Schmetterlingsart, deren Raupe ja in ihren Nahrungsansprüchen sehr spezialisiert ist.

Vielleicht sollten wir häufiger darüber nachdenken, dass Buddha die letzte Rede vor seinem Tod an die Schmetterlinge gerichtet hat, von denen er mehr gelernt habe als aus allen weisen Schriften.