Misteln

Der mäuseliebende Waldkauz nutzt die Mistel sicher nur als praktischen Sichtschutz, aber für etliche andere Vögel ist hier der Tisch reich gedeckt. Für die Misteldrossel etwa sind die weißen Beeren fraglos ein Leibgericht!

Lesen Sie, was Ernst Dörfler in seinem Buch „Was Vögel futtern“ über die Mistel weiß: „Die Früchte sind unscheinbar weißlich bis farblos und sie stehen den ganzen Winter über als frostharte Nahrung zur Verfügung. Weil ihr Fruchtfleisch ziemlich klebrig ist, müssen sich die Kostgänger immer wieder den Schnabel abputzen.“

Misteln sind für Drosseln wichtig, aber Drosseln sind auch für die Misteln notwendig. Die Mistelsamen, die von einer unverdaulichen Schale umgeben sind, werden mit dem Vogelkot auf die Äste umliegender Bäume abgesetzt. Die Kerne haben nach der Darmpassage eine gute Keimfähigkeit erhalten und können an Ort und Stelle Wurzeln schlagen…“

Ingo Baumgartner sieht nicht nur die biologisch interessante Seite dieses immergrünen Gewächses:

Mystische Mistel

Krähennester in den Ästen?
Bienenschwärme in den Zweigen?
Schmuck zu Winterkahlbaumfesten?
Früchte gar, die stolz sich zeigen?

Frühlingsgrüne Wandrergrüße
senden Misteln aus den Kronen,
ja, es sind Druidenfüße,
die in Pappelwipfeln wohnen.

Kreuzholz sagt man, stiftet Ehen,
Hexenkraut kann Krankheit heilen.
Zum Betrachten bleib ich stehen,
lächle sinnend im Verweilen.

Ingo Baumgartner (1944-2015)