Zweimal im Jahr, im Herbst und im Frühjahr, findet man in der Zeitung eine kurze Notiz, dass für vier bis sechs Wochen das Bayerkreuz nachts mit Rücksicht auf die Zugvögel abgeschaltet wird.
Hinter diesen trockenen Zeilen verbirgt sich die Geschichte eines Mannes, der sich mit großem Zeitaufwand und der ihm eigenen Beharrlichkeit für diese jetzt so selbstverständlich wirkende Maßnahme eingesetzt und mit wissenschaftlicher Genauigkeit Daten erhoben und festgehalten hat: Die Rede ist von Hermann Brombach, dem Ehrenvorsitzenden des NABU-Stadtverbands. Seit er Anfang der sechziger Jahre als Titanmitarbeiter zufällig darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sich auf dem Flachdach unter dem Bayerkreuz immer wieder tote Vögel fanden, überprüfte er 15 Jahre lang systematisch Zahl und Art der Totfunde und kam zu folgendem Ergebnis: v.a. für Dutzende von Nachtziehern unter den Singvögeln wie Sommergoldhähnchen, Wintergoldhähnchen, Rotkehlchen, Grasmücken, Rohrsänger und andere endete die Reise in den Süden schon am Bayerkreuz!
Die entscheidende Rolle spielt dabei das Licht. Von ihm angezogen, wollen die Vögel zwischen den einzelnen Lampen hindurchfliegen, prallen dann aber oft gegen die Drähte oder die Buchstabenhalterung. Die Zahl der Totfunde war im Herbst erheblich höher als im Frühjahr. Aber gerade die Frühjahrszieher, d.h. die Rückkehrer, die ja die Gefahren und Strapazen des Zugs unbeschadet überstanden haben, sind für das Überleben der Art von herausragender Bedeutung.
Die eindeutigen Ergebnisse der 15jährigen Beobachtung machten klar, dass die einzige Lösung für das Problem des Zugvogeltodes die Abschaltung des Bayerkreuzes zur Zugzeit war. Während die Werksleitung sich Fakten und Zahlen nicht verschloss, meldete die Werbeabteilung zunächst Bedenken an und wünschte nähere Informationen über den Zeitpunkt der größten Intensität des Nachtzugs. Auch diese konnte Hermann Brombach nach etlichen Nachtbeobachtungen liefern, so dass sich schließlich eine Kompromisslösung fand: seit 1980 wird das Bayerkreuz von Anfang September bis Mitte Oktober und vom 20. März bis zum 20. April zwischen 22 und 4 Uhr abgeschaltet.
Der folgenden Tabelle können Sie entnehmen, wie segensreich sich Hermann Brombachs Initiative ausgewirkt hat:
vor der Abschaltung | nach der Abschaltung | |||
Jahr | Singvögel | Jahr | Singvögel | |
1964 | 18 | 1980 | 4 | |
1965 | 34 | 1981 | 9 | |
1966 | 41 | 1982 | 9 | |
1967 | 61 | |||
1968 | 65 | 3 Jahre | 22 | |
1969 | 38 | = 7,3 tote Singvögel / Jahr | ||
1970 | 15 | im Durchschnitt | ||
1971 | 15 | Die Abschaltung war unvollständig | ||
1972 | 19 | |||
1973 | 14 | 1983 | 3 | |
1974 1) | 4 | 1984 | 4 | |
1975 | 19 | 1985 | 1 | |
1976 | 22 | 1986 | 4 | |
1977 | 30 | 1987 | 5 | |
1978 | 16 | 1988 | 0 | |
1979 | 21 | 1989 | 1 | |
1990 | 3 | |||
16 Jahre | 432 | 1991 | 2 | |
- 1 | 4 | 1992 | 0 | |
1993 | 1 | |||
15 Jahre | 428 | 1934 | 2 | |
1995 | 1 | |||
= 28,5 tote Singvögel / Jahr | 1996 | 3 | ||
im Durchschnitt | 1997 | 1 | ||
1) Das Jahr muss unberücksichtigt | 1998 | 0 | ||
bleiben wegen ungenügender Kontrolle | 1999 | 0 | ||
17 Jahre | 31 | |||
= 1,8 tote Singvögel / Jahr im Durchschnitt |
Durch das Abschalten des Bayerkreuzes zur Zugzeit wurde die Zahl der toten Singvögel also im Durchschnitt
von 28,5 auf 1,8 pro Jahr reduziert!
I. Mayer